Haben Sie bestimmt auch schon erhalten: einen Aufruf, bei einem Voting abstimmen. Das gibt es für Webseiten, bei PR-Wettbewerben oder wie bei mir heute für die „zweitbeliebteste deutsche Sportart“. Und was wird daraus: mindestens eine PR Meldung. Die ungefähr so beginnt: „Bei einer Abstimmung…“.Meine „Stimm doch mal ab eMail“ kam in diesem Fall aus den Reihen der Basketballer, die hinter den Handballern lagen. Bei meiner Abstimmung lagen sie schon davor.
Was also ist häufig das Ergebnis solcher Votings: sehr ähnlich den Wahlen und Parteien: es siegt der-die-das-jenige, welche/r/s seine Unterstützer am besten zum Abstimmen zu motivieren vermag.
Schön für diejenige Webseite, die sich mit einem Siegeremblem „beliebteste Webseite“ schmücken kann.
Schön für denjenigen, der im Burger-King Basketball best move contest gewinnt.
Schön für Basketball, das mit deutlich weniger Aktiven und von der Nähe zur Weltspitze schwächer einzustufenden Sportart gegenüber Handball dennoch zweitbeliebteste Sportart werden könnte (NB: Ich habe lange Handball gespielt, spiele Basketball und mag beides gerne sehen und übrigens auch gerne mal Badminton!)
Dient das der Sportschau als Unterlage für eine Entscheidung, eine Sportart mehr in den Fokus zu rücken? Kann ich mir durchaus vorstellen. Das man dieses Datum des Votings nimmt, die anderen von mir erwähnten nicht recherchiert? Kann ich mir durchaus vorstellen (nur im Abstrakten: ich unterstelle der Sportschau positiv, dass sie gut und gewissenhaft recherchiert und mehr als ein solches Voting zur einer Entscheidung heranzieht).
Votings werden bei Entscheidungen herangezogen?! Ich bin überzeugt: sehr wohl. Mit Markforschung hat so wenig zu tun wie Pulpo Pauls Fußballwahrsage (allerdings: der Krake ließe sich statistisch als „Wahl aus zwei Variablen mit Zurücklegen“ definieren. Also eine einfache Wahrscheinlichkeitsrechnung, bei der auf lange Sicht p=0,5 herauskommt – ob der Krake Paul wohl so lange lebt und abstimmt? – Ach nein: heut steht in der Zeitung: er geht in den Ruhestand). Würde von den Initiatoren der Votings auch bestimmt niemand behaupten. Und doch, meine ich, besteht aus Marktforschungssicht Handlungsbedarf: denn Ergebnisse von Votings und Marktforschung können sich sehr ähneln. Was anders als eine Abstimmung (altertümlich deutsch für Voting) ist die mindestens vierzehntäglich wiederkehrende Wahlforschung?
Marktforscher müssen sich klar darüber sein, dass der Unterschied für den Adressaten verschwimmt, falls nicht klar gemacht wird, wie gut und sorgfältig die professionelle Auswahl von Befragten vorgenommen wurde. Das Interesse der Voting-Aktivisten ist eine schön vermarktbare Zahl. Das Zustandekommen ist schnurz. Diese Zahlen, versuchen die öffentliche Wahrnehmung zu fluten – sie sind schnell, einfach und nahezu kostenfrei zu generieren. Und werden das „irgendwas wird schon dran sein“ Gefühl der Rezipienten stärken. Marktforscher sollten den Unterschied herausarbeiten: schließlich wollen wir Geld für unsere Forschung. Schließlich gehören die Fragen „Wer ist die richtige Zielgruppe?“ und „Wen befrage ich?“ zu den wichtigsten unseres Metiers.