Kategorien
-
Neueste Beiträge
- Schaumdampfbad
- Framing – geht’s denn überhaupt ohne?
- Sind Entscheidungen durch Algorithmen immer gerecht und wahr?
- Anregend: Marktforschung (als notwendiger und bestimmender) Teil der „praktischen Strategieberatung“ wird gemacht aber als solche nicht verkauft
- Sozialer-Massen-Druck zementiert Mittelmaß, Social Ranking entsorgt Meinung
Neueste Kommentare
- Hanspeter Reiter bei Sind Entscheidungen durch Algorithmen immer gerecht und wahr?
- Hanspeter Reiter bei Framing – geht’s denn überhaupt ohne?
- Jonathan Franzen: man hat verlernt, Lärm von Substanz zu unterscheiden | M³ Blog bei Konjunktivierung des Lebens durch „always on“?
- Procrastinator bei Social Media: Twitter oder die Gratwanderung des geschätflich Sinnvollen
Archive
- März 2023
- März 2019
- Januar 2018
- November 2016
- Oktober 2016
- April 2016
- Februar 2016
- Januar 2016
- März 2014
- Januar 2012
- Juni 2011
- Mai 2011
- April 2011
- März 2011
- Dezember 2010
- November 2010
- Oktober 2010
- September 2010
- August 2010
- Juli 2010
- Juni 2010
- Mai 2010
- März 2010
- Februar 2010
- Dezember 2009
- September 2009
- Juni 2009
- April 2009
- März 2009
- Februar 2009
- Dezember 2008
- November 2008
- Oktober 2008
Kann Marktforschung Qualität „berechnen“?
Der Kern meines Anliegens stellt folgende Frage dar: Was ist Qualität? Und: kann Marktforschung Qualität „berechnen“, wie es im Untertitel des Artikels heißt? (Artikel ist nachzulesen hier oder hier)
Im letzten Abschnitt fragt die Autorin: „Aber ist risikoloses Programm auch gutes Programm?“. Diese Frage zielt daran vorbei, ob Marktforschung „Qualität erforschen“ kann. Denn die Frage, wie risikolos ein Programm ist, ist nur ein Qualitätsaspekt unter vielen. Und überhaupt: was heißt denn „gut“? (Auch) Das definiert der Auftraggeber. Marktforschung kann Qualität erforschen – aber nur jene, die vom Auftraggeber definiert wird.
Qualität kann also berechnet – ich bevorzuge: erforscht werden. Allerdings immer nur jene, für die eine Definition vorliegt. Um im Bild des Laboratoriums zu bleiben: die Ingredenzien werden angeliefert. Daraus kann eine „überraschende Mischung“ werden – d.h. überraschende Erkenntnisse können aus dem gelieferten Briefing gewonnen werden. Aber Alchemisten sind Marktforscher keine.
Ein Appendix zur Aufbereitung des Quellentextes:
Der Artikel nimmt in der Zeitung vier Spalten bzw. eine Drittel Seite ein. Derselbe Text wird im Internet unter sueddeutsche.de und jetzt.de veröffentlicht.
Der Inhalt des Artikels ist in der Zeitung und im Internet aufs Wort derselbe. Online wird damit ein Text veröffentlicht, der lange gescrollt werden muss. Ich glaube, dass ein derart langer Text selten vollständig gelesen wird. Daher halte ich das für eine nicht optimale Qualität einer Textveröffentlichung im Internet. Auch das ist ein Qualitätsaspekt: Texte für das jeweilige Medium anzupassen.
eBook: DAS Topthema der Frankfurter Buchmesse
Auf Seite 1 der Süddeutschen sprang mir morgens der Artikel „eBook Top Thema der Buchmesse“ ins Auge. Einen Eindruck von den Geräten wollte ich mir also verschaffen. Nur war mir das in der schmal bemessenen Zeit des Nachmittags nicht möglich. Denn an diesem ersten Buchmessetag wurden die Geräte gerade der Presse vorgestellt. Deshalb gab‘s die eBook Reader an dem einen Stand, den ich dann doch nach intensivem Suchen in Halle 4.0 gefunden hatte, der diese sagenumwobenen Geräte gezeigt hätte, doch nicht zu sehen. Und heute Morgen erfahre ich, dass es noch zwei weitere Sony Reader beim LIBRI Stand (auch in 4.0) zu besichtigen gegeben hätte. Aber ob die Otto Normal Fachbesucher anfassen hätte können? Und es gab wohl auch noch einige alternative Geräte an anderen Ständen in Halle 4.0. Offensichtlich ziemlich gut geschützte Geheimnisse. Böse gesagt. Egal.
Ich bin enttäuscht und sicher auch der ein oder andere (Fach-) Besucher, der – teilweise verzweifelt – nach den Dingern gesucht hat. Und die Auskunftsdamen an den Halleneingängen hatten keine Informationen über die eBook Reader. Schauen dich aus den (dabei leider nicht einmal Reh großen haselnussbraunen) Augen an… es gibt anscheinend keine offizielle Hinweise zum Hypethema seitens der Messe. Die Presse hypt, nur Auserwählte bekommen physisch was zu sehen – es bleibt ein sehr schales Gefühl zurück. Dem eBook ist damit sicher nicht geholfen.
Die (digitale) Zukunft des Buches – die Sicht des Lesers
Das digitale Buch wird das gedruckte Buch nicht ersetzen. Noch nie hat ein Medium ein anderes vom Markt verschwinden lassen. Die Nutzer haben allerdings durch neue Medien stets Bedeutung und Schwerpunkt der bisher verfügbaren verschoben.
Der Leser von heute sieht sich einer – unüberschaubaren! – Menge von Büchern gegenüber. Was will er lesen? Was soll er lesen? Was muss er lesen? Das sind die zentralen Fragen eines Lesers. Bisher und in Zukunft. Wie er liest ist die nachgeordnete Frage. Um die sich in der Branche allerdings momentan viel dreht. Das digitale Buch wird jedenfalls als greifbare Innovation, jedoch entweder als wunderbare Welt oder als Sargnagel des physischen Buches, dem Untergang der Buchkultur und des Buchverkaufs gesehen. Keines dieser schwarz-weißen Vexierbilder jedoch interessiert den Leser. Er wird sich entsprechend seiner Lust, Laune und auch Verpflichtung den besten Weg des Lesens aussuchen wollen. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass dabei die Variante des gedruckten Buches keine Rolle mehr spielen wird, denn in Zeiten des book-on-demand ist dessen Wirtschaftlichkeit gesichert. Dass aber auch das digitale Buch eine wichtige Rolle spielen wird bezweifelt keiner. Auch ich nicht.
Aber wann? Wir dürfen davon ausgehen, dass die digitale Generation, Personen, die eine Welt ohne Internet, Google und Wikipedia nicht aus eigener Erfahrung kennen, kurz die nach 1990 Geborenen alle Möglichkeiten des digitalen Fortschritts ausschöpfen. Der eBook Reader kann sicher innerhalb kürzester Zeit günstige Massenware werden – man sehe sich nur den rapiden Preisverfall von digitalen Produkten wie Computern, Flachbildschirmfernsehern oder digitalen Musikabspielgeräten über nur 2-3 Jahre an. Allerdings – das Buch hat seit jeher in den gebildeteren höheren Schichten eine größere Verbreitung – dürfen wir auch nicht davon ausgehen, dass diese Generation die Gunst der Wahlmöglichkeit außer Acht lässt und so auf die Vorteile eines gedruckten Buches verzichten wollte – Bibliophile wird es auch in Zukunft geben. Sollten „schöne“ gedruckte Bücher gar als „Schätze“ in der Wohnung ausgestellt werden? Aber trägt das auch die Masse? Und wie schon gefragt ab wann? Zielgruppenkenntnis, die Anteile und absoluten Größen, Verschiebungen durch soziodemografische und technologische Entwicklungen werden in der Einschätzung „wann wird wie viel digital verkauft?“ eine bedeutende Rolle für den Erfolg von Verlagen spielen. Das alles verhilft jedoch noch nicht zu einer erfolgreichen digitalen Strategie.
Aus Sicht des Lesers gibt es Situationen, in denen eine andere als die bisher verfügbare Form eines Buches wünschenswert wäre. Die Mitnahme der Urlaubslektüre, die den Koffer verstopft, ist so eine. Ein eBook Reader mit den darauf gespeicherten fünf oder 40 ausgesuchten Büchern ist hier die klar bessere Alternative!? Allerdings: am Strand im Wegdösen in den Sand gefallen sieht es möglicherweise schon wieder ganz anders aus. Dieses Beispiel zeigt, dass es Menschen geben wird, die sich in der vorgestellten Situation für das digitale Buch entscheiden werden, aber auch nicht unwesentlich wenige das physische Buch ob seiner Unverwüstlichkeit bevorzugen werden.
Aus Sicht des Lesers ist es vorteilhaft und wünschenswert, dass Unternehmen wie Google, Amazon, MVB (Libreka) und wie auf der Buchmesse bekannt gegeben Sony-Libri Bücher digitalisieren. Der Vorteil des Lesers: er findet durch die Volltextsuche schneller die gesuchten Bücher. Kann genauer recherchieren. Kann sich schneller einen Eindruck verschaffen. Und nicht zuletzt erweitert sich damit seine Wahlmöglichkeit, Bücher in digitaler Form zu konsumieren.
Ein weiterer nahe liegender Vorteil für den Leser ist, ein digital vorliegendes Buch, welches er in einer digitalen Volltextsuche gefunden hat, als gedrucktes Exemplar zu erhalten.
Fest steht auch, dass ein gedrucktes Buch potenziell haltbarer ist – zumindest als jedes individuell genutztes elektronisches Speichermedium. Will der Leser also ein Buch aufbewahren, liegt es nahe, sich eine gedruckte Version anzueignen.
Spannend ist weiter die Frage, welche Art von Büchern sich in digitaler Version zuerst verkaufen: Sachbücher, Fachbücher, Schulbücher, Wörterbücher, die hohe und populäre Literatur, Kinderbücher, Bildbände – für die unterschiedlichen Arten stellt sich die Frage der Digitalisierung anders.
Welche – neuen – Erlebnisdimensionen eröffnen sich jeweils in der Nutzung eines digitalen Buches? Wo wird die digitale Form des Buches das Lesen -wollens, -sollens, -müssens unterstützen oder gar fördern? Diese Fragen werden sich nur spezifisch für die Bucharten und damit verlagsspezifisch beantworten lassen.
Stets aber ist von Interesse, was der Leser will. Schwarz weiße Vexierbilder taugen nicht für praktische Umsetzung einer digitalen Strategie. Der Leser wird entscheiden. Es kommt für Verlage und Buchhändler darauf an, die Entscheidungsaspekte des Lesers zu antizipieren und entsprechend strategisch in wirtschaftlichen Erfolg umzusetzen. Eine erfolgreiche digitale Strategie wird stark vom qualitativen Verstehen des Lesers, seiner Ambitionen, Nöte und Bedürfnisse abhängen.
Recherche heute und morgen
Auf einer Veranstaltung gestern im Literaturhaus München (Terror und Traum – Moskau 1937 – eine Matinee mit Karl Schlögel und Gerd Ruge) erklärte der Autor Karl Schlögel, dass er für sein Buch (zugleich der Titel der Veranstaltung) erst einmal alle Moskauer Zeitungen des Jahres 1937 gelesen hätte.
Mir schoß durch den Kopf: wie wird das wohl im Jahre 2080 sein? Was wird das Zeitungsarchiv von morgen sein? Ich stelle mir da ein elektronisches vor. Wie wird man man aber die Vertrauenswürdigkeit dieser elektronischen Quelle in Bezug auf seine Unveränderbarkeit schaffen? Wird die Recherche, die Analyse dadurch einfacher? Schneller? Einfacher von der Zugänglichkeit: sehr wahrscheinlich. Schneller: da zweifle ich. Tagclouds und semantische Textanalyse werden die Möglichkeiten der Analyse jedenfalls erweitern. Einen brillanten Kopf wie den des Herrn Schlögel wird es weiterhin brauchen, um die Information so exzellent zu verdichten, dass andere davon schnell (also z.B. innerhalb einer überschaubaren Anzahl von Buchseiten) profitieren können.
Research & Results Marktforschungsmesse
Semantische Analysen im Web: Auf der Marktforschungsmesse gestern und vorgestern stand das Thema „semantsiche Webanalysen“ auf der Agenda. Sowohl „Online“ als auch „Social Media“ sind auch in der Marktforschungsszene derzeit „heiße“ Themen. Was ist mit „Risiken und Nebenwirkungen“? Stehen die auf dem „Beipackzettel“?
Das Angebot klingt äußerst verlockend, die „Mundpropaganda“ des Internet mittels technischer Hilfsmittel in kurzer Zeit zu analysieren. Auch auf der Marktforschungsmesse gestern und vorgestern stand dieses Thema auf der Agenda. Es gab auch einige Workshopvorstellungen zu diesem Thema. Denn sowohl „Online“ als auch „Social Media“ sind auch in der Marktforschungsszene derzeit „heiße“ Themen.
Mich beschäftigt dabei die Frage, wie speziell diese Analysen sind und wie groß die Gefahr, der Analyse am Ende einen Grad der Verallgemeinerung zuzuschreiben, den sie nicht hat. Jedenfalls spürte ich persönlich diese Verallgemeinerungsgefahr während der Vorstellung eines dieser Tools. Die ausgewählte also die als richtig erachtete Basis hat den normalen Marktforschungshaken: was kann mir die Ausgangszielgruppe „erklären“?, wo habe ich Einschränkungen aufgrund der gewählten Grundgesamtheit unbedingt zu beachten, um nicht einen Verallgemeinerungsschluss zu ziehen, den die Basiszielgruppe methodisch gar nicht hergibt?
Zudem ist der Glaube der Anbieter felsenfest, dass die linguistische Perfektion der Tools ausreichend ist. Bedauerlicherweise habe ich über die linguistische Treffsicherheit der Applikationen sowohl im Vortrag als auch auf den Anbieterseiten wenig finden können. Gängige Sprach- und Texterkennungssysteme arbeiten daran, sich deutlich über die 95% Erkennungsquote zu schrauben. Das aber heißt: jedes 20. Wort ist falsch. Persönliches Training soll die Quote auf bis zu 99% steigern. Wie hoch also ist bei den Tools zur semantischen Webanalyse die Quote der richtig erkannten Wörter, Satzstrukuren, Satzzusammenhänge und Satzteilbezüge? Die deutsche Sprache ist in diesem Sinne äußerst komplex. Wie hoch ist der Aufwand des „Verbesserungstrainings“? Wie gut gehen die Systeme mit grammatikalisch falschen Sätzen, falsch geschriebenen Wörtern, Abkürzungen um? Wie wirkt sich eine Fehlerquote auf die Ergebnisse aus? Was wird seitens der Anbieter unternommen, um Ergebnisse zu in dieser Hinsicht abzusichern? Sind am Ende einige wenige face to face durchgeführte Interviews effektiver und zugleich effizienter?
Mit diesen Fragen sollte man sich auseinandersetzen, wenn man zum Mittel der semantischen Analyse greift, um den Lockruf dieser Art Tools nicht einfach zu erliegen, sondern diese fürs unternehmerische Ziel erfolgreich einzusetzen.
ACTA Präsentation in München II
Weniger gebildete Schichten nutzen Medien selektiver als höher gebildete. Zudem: ob α-Blogger oder Journalist, Meinung wird auch in Zukunft von einigen wenigen gebildet. „Nur“ die „Bildungsstätten der Meinung“ haben sich erweitert
Das Internet ermöglicht Zellen, die vor zehn Jahren in dieser Differenzierung nicht weltöffentlich denkbar waren. Das mehr an medialen Kanälen, an verfügbarer Information, führt nur bei bildungsprivilegierten Schichten zu einer breiteren exzessiveren Nutzung von Medien, einer Erweiterung des Horizonts. Für weniger gut gebildeten Schichten könnten mehr Kanäle Stress und einhergehend Rückzug aus Interessen bedeuten. Aus Angst vor Überforderung.
ACTA Präsentation in München I
Am 16. Oktober haben die Allensbacher Ihre Studie ACTA 2008 in München vorgestellt. Spannend. Spannend. Die permanente Informationseinholung nimmt ab, weil Information im Internet ständig verfügbar ist. Die „Entstätigung“ (Prof. Dr. Köchers Wortschöpfung gefällt mir gut) des Nutzerverhaltens.
Das wirkt auch auf die anderen Medien. Aber was genau heißt das für Print? Für TV? und auch das Internet?
Wird das Internet die Neugier, eine wunderbar ursprüngliche menschliche Neigung, befriedigen können? Dafür ist die Überraschung, ein köstlicher Anteil des Gefühls der Neugier, viel zu gering. Ich FINDE im Internet – aber Neugier, da stoße ich auf – etwas! Wie ein Stromschlag! „Finden“ wäre geradezu langweilig im Zusammenhang mit der Neugier.
Also heißt das doch für Zeitungen, Zeitschriften, TV Sendungen (der Post Ranicki Scheltenzeit): Überraschung, neue Blickwinkel, Kreativität werden honoriert, womöglich sogar bezahlt.
Denn ich kann im Internet finden wie ich will. Auf etwas stoßen werde ich dadurch nicht. Und das unüberschaubar Viele im Netz lädt eben nicht unbedingt dazu ein, neugierig zu stöbern. Der Rahmen ist zu beliebig, zu ausgefranst. Die Permanenz der Verfügbarkeit erschöpft zu sehr. In der gekonnten Beschränkung, die den entscheidend passenden Rahmen für die Neugier abgibt, liegt eine Chance der anderen Medien.