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Archiv der Kategorie: Spielplatz der Worte
Schaumdampfbad
Welch schön geschwungenes Wort. Das pf lässt Aussprache und innere Freude nach oben hüpfen. Eigentlich passt das doch gar nicht zusammen, Schaum und Dampf. Vertreibt der Dampf nicht den Schaum? Wie also erhält sich der Schaum im Dampf? In mir steigt die Entdeckerfreude, dieses Gefühl zu erleben. Schon allein, um zu sehen, ob das Gefühl, dass das Wort in mir auslöst, auch im Erleben ausgelöst wird: das meine innere Freude nach oben hüpft.
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Fototorte
Ein guter Start ins Jahr der anregenden Worte. Das Wort ‚Fototorte‘ tummelt sich seit einiger Zeit in mir. Aber noch nicht allzu lang. Es ist ein ziemlich neues Wort. Auf das vor ein paar Wochen ich stieß und mich fragte: was ist denn das?
Heute habe ich diesen Begriff gegoogelt. Nun ja, das Ergebnis ist ganz sicher keines, welches sich für meine neue Rubrik Reaktionen auf Kunst eignen würde. Schleierhaft, warum so viele Babies eine Fototorte bekommen. Die dürfen das Zeug (sieht überwiegend ziemlich künstlich aus) doch noch gar nicht essen. Geschweige denn erkennen sie, wer das überhaupt ist. Egal:
Hier geht es um den Begriff.
Fototorte
Die doppelte Nähe zum Explosivlaut t verleiht den o-s eine außerordentliche und fröhliche Kraft, die aus meiner Sicht wunderbar im Wort anklingt (das damit für mich viel schöner klingt als es das dahinter liegende konkrete Etwas tatsächlich ist).
Für Schauspieler eignet sich der Begriff, um sich warm zu sprechen. So einfach wie sich der Begriff im einmaligen Aussprechen anhört, mehrmaliges Wiederholen ist gar nicht so einfach. Das liegt auch am F, einem stimmlosen labiodentalen Frikativ. Ich jedenfalls komme außer Atem (wo atme ich eigentlich?).
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Guten Tag, ich will hier (im Internet) einkaufen!
Dieser Beitrag stellt den Versuch dar, über die Alltagstauglichkeit des Interneteinkaufens, der Vielfalt der Möglichkeiten des Scheiterns und das Aufkeimen des Wunsches nach Beratung, persönlicher, menschlicher, professioneller.
Als in dieser Hinsicht trotz Ehelebens selbständiger Mann kümmere ich mich um den Erwerb der Herrenunterbekleidung selbst – zählen Socken neben der gemeinen Unterhose da eigentlich dazu? Jedenfalls hatte ich erfolgreich mein Sockenlager vor knappen zwei Jahren durch einen erfolgreichen Internetshopeinkauf aufgefüllt. Männlicher Natur folgend hatte ich eine erhebliche Anzahl gleichförmiger Socken in einem auf das spezielle Bedürfnis des Sockenerwerbs ausgerichteten Internetkaufhauses erworben. Daneben stieß ich ungewöhnlich genug für einen Sockenshop auf eine Sportunterhose, die versuchsweise in doppelter Ausführung ebenfalls im Warenkorb landete.
2012. Sockenlager aufgebraucht. Rückkehr zum virtuellen Tempel der Socke! Mittlerweile so stelle ich fest, hat das Silberion auch in der Socke Einzug gehalten – kannte ich bisher nur im Deo. Es scheint also: Schweiß egal ob unter der Achsel oder im Strumpf, das Silberion scheint geeigneter Geruchsfänger. Allerdings bevorzuge ich Bambus anstatt Baumwolle als Strumpfgarn. Dort kann ich das technologische Wunder des Silberions noch nicht ausprobieren. Gut, Schuster bleib bei deinen Leisten, wandern Bambussocken in den Warenkorb.
Bisher, das war – im Nachhinein festgestellt – das Intro. Ging schnell. Die Nebensache frisst die Zeit. Denn die Suche nach einer Sportunterhose gestaltet sich: kompliziert.
Jetzt also noch die Sportunterhose. … Die Sportunterhose ist aus dem Sortiment verschwunden. Gefühlt geschieht das mit nahezu jedem zweiten Produkt, von dem ich überzeugt bin, es wiedererwerben zu wollen. Für Frauen wurde die Unterbekleidung nicht aus dem Programm gestrichen. Ich schwanke zwischen Neid und Diskriminierungswahn.
Ich suche nach +Sport +Unterhose +Männer. Schaun wir mal beim durch Bücher bekannten Kaufhaus vorbei. Das verkauft mir Unterhosen für den Sportgebrauch nur fürs Radeln. Fürs Badminton sind gepolsterte Unterhosen allerdings wenig geeignet. Ich mache mir nicht die Mühe, eine spezielle ungepolsterte Radlerunterhose zu suchen. Die Auswahl der normalen Unterhosen ist unerquicklich überflutend.
Zu viel – und schon wieder dieses Silberion. Was hat die männliche Schweißdrüse eigentlich alles so – bestimmt für weibliche Nasen unrühmliches – angestellt, früher in der Zeit vor dem Silberion?
Ich besuche ein weiteres Kaufhaus und scheitere an der Auswahl. Die Filterung lässt sich nicht so einschränken, dass die Anzahl der auszuwählenden Versionen überschaubar und zweckdienlich wäre.
Weiter geht’s zu den Herstellerseiten, die auch verkaufen, manchmal mit Unterstützung von Primaten im Fernsehen (das potenziell notwendige Deutschsein dieses Schimpansen soll an anderer Stelle erörtert werden).
Ich stelle fest, dass der Preis einer Unterhose auch schon mal die 60 Euro Grenze überschreitet. Jedoch: eine einfache Sportunterhose für Indoorsport. Ich finde dieses Ding nicht. Männlicher Natur – schon wieder diesmal ins Unglück folgend versteife ich mich, dass es doch einen Ort in den Weiten des Internet geben sollte, an dem ich eine normale Sportunterhose finde.
Zündende Idee: Outdoorspezialanbieter, das regionale Sportkaufhaus vor Ort. Letzteres hat einen bescheidenen Internetshop – Schwamm drüber. Ersterer bietet für jeden sportiven Einsatzzweck zwischen Dschungel und nepalesischem Hochgebirge die richtige Herrenunterbekleidung (ich lerne: die erste Lage von dreien). Fehlanzeige: Unterhosen für Indoorsport. Nicht das Ding eines Outdoorspezialisten. Ein Versuch war’s wert – oder war es der erste Schritt voranschreitender Verzweiflung?
Nach unangemessen langer Suchzeit gebe ich auf. Ich werde mich auf das Experiment einlassen, ein Ladengeschäft zu besuchen, welches mir eine mir gewogene Sportunterhose – in passender Menge verkauft. Männlicher Natur folgend möchte ich den Zeitraum maximal ausdehnen, in dem ich glücklicher Sportunterhosenbesitzer bin – womöglich mit Silberiontechnologie. Derartige Krisensituationen werde ich daher versuchen, solange es geht hinauszuzögern, bis zum Anschlag der Kleiderschrankkapazität.
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Schweinetreibbrett
Hab ich neulich von einer Freundin gehört.Ist ein sehr hartes Wort. Hat ja auch eine beschwerliche Funktion. Insofern passen Klang und Funktion sehr gut zusammen.
Ja, es gibt also spezielle Bretter, mit denen Schweine getrieben werden. Wie unvorstellbar vielfältig die Welt geworden ist. Vor 50 Jahren hätte wahrscheinlich eine Latte, maximal zurecht gesägt und abgeschliffen, völlig ausgereicht.
Jetzt aber gibt es Features: Griffmöglichkeiten an zwei Seiten, um das Brett hochkant oder breitkant zu verwenden – hängt das von der Schweinegröße ab? Auch die Rillen scheinen bei der Schweinettreiberei Vorzüge zu haben. Wird das Schwein also von gerillten Brettern besser getrieben? Haben Wissenschaftler das untersucht? (Ich fürchte: ja)
Je mehr ich darüber nachdenke desto geheimnisvoller ranken sich die Einsatz- und Verwendungsmöglichkeiten eines Schweinetreibbretts. Je mehr ich darüber nachdenke desto wohler fühle ich mich, dass ich mir das Geheimnis erhalte. Mal sehen, ob mich so ein Brett mal in meinen Träumen erwischt. Mal sehen, wie ich das empfinde. Immerhin glaube ich, dass die Farbe rosa fest verankert ist.
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Existenz durch Vernunft = unreiner Bruch (nach Goehte)
Zitat des Wochenendes:
„Denn wir wissen mit Goethes Roman Wilhelm Meisters Lehrjahre, »daß die Summe unsrer Existenz, durch Vernunft dividiert, niemals rein aufgehe, sondern daß immer ein wunderlicher Bruch übrigbleibe«.
Jochen Hörisch „Tauschen, Sprechen, Begehren – eine Kritik der unreinen Vernunft“, S.26.
Kommt da dann eine rationale oder irrationale Zahl heraus? Die Sprache der Mathematik wirkt im Zusammenhang mit dem Zitat seltsam ironisch.
Das Buch, ein wissenschaftliches, das Grenzen einzelner Fachgebiete sprengt, bietet viele weitere Gedanken, die neue (wunderliche) Brüche in mir erzeugen. Wenn ich die sortiert habe, mehr über die soziogenetische Erkenntnistheorie: Die Abstraktion des Tausches (=Geld) als zentraler Baustein von Erkenntnis und (Inter-) Subjektivität. Ich bin gespannt.
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IDM/ADM
Sagen Sie das mal laut vor sich her. Eine schöne Melodie, ein wohliger Klang, ein gutes Gefühl im Mundraum entwickelt sich da bei mir.
Ist das etwa eine wichtige Eigenschaft, um Abkürzungen zum Erfolg zu bringen?
Mir geht es um etwas anderes: Abkürzungen können in verschiedenen Bedeutungsrahmen, also in verschiedenen Branchen oder Unternehmen eine andere Bedeutung haben.
IDM/ADM erhielt ich neulich ohne Erläuterung und dachte: Hä? Was ist mit dem Arbeitskreis deutscher Marktforscher (ADM)? Und was für ein Verein ist dieser IDM? Jedoch der Zusammenhang und das Zusammenspiel von IDM und ADM brachte mich auf die richtige Spur. Ha! Außendienstmitarbeiter.
Vermeiden Sie in der Buchbranche Mitarbeiter als MA zu verkürzen. Dort würde Verwirrung entstehen, hier steht das Kürzel für modernes Antiquariat.
Also seien Sie vorsichtig in der Verwendung von Abkürzungen. Vielleicht sagen diese ihrem Gegenüber nichts. Schlimm genug, aber schlimmer der Gegenüber hat eine ihm bekannte aber falsche Entsprechung. Die Verwendung einer Abkürzung führt so auf den kommunikativen Holzweg.
Wie wäre es mit einer Sammlung von mehrdeutigen Abkürzungen? Kommentieren Sie.
Zurück zur Melodie: Der Name meiner Webseite wird damit zwingend einer Veränderung unterzogen werden müssen. Höchstens schwer zugängliche moderne Klassik…. Offensichtlich fehlt mir das musikalische Talent. Wie schön wäre da eine Spur Bach, Mozart oder Mendelssohn.
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Thomas Bernhardscher Name: Wölzmüller
Wenn Thomas Bernhard noch leben würde – würde er schreiben. Und er würde den Namen Wölzmüller verwenden. Wie der durch die Mundhöhle wabert und über die Zunge läuft. Schlicht ein Genuss.
Es wäre ein Name, den ein typisch Bernhardscher Protagonist in einem Ohrensessel vor sich hin denken und murmeln würde. Viele Male innerhalb eines Gedankens. Oder mit Inbrunst und Verzweiflung auf der Bühne ausrufen. Der Name verschärfte die Erregung, die mir der Autor in seinen Figuren (Holzfällen, Auslöschung, Am Ziel) stets vermittelt.Vielleicht habe ich den Namen in seinem Werk bisher einfach nur: übersehen?
[aartikel]3518396889[/aartikel] [aartikel]351838063X[/aartikel]
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Zeitstrom
Das Wort gibt einem ein gutes Gefühl im Mund. Zudem ist bei diesem Wort Gefühl und Sinn auf das Innigste verbunden. Die anwesende dreieinhalbjährige hat bei diesem Wort aufgemerkt. Hat nachgefragt. (Ich glaube, meine Antwort war unzureichend.)
Verwendet haben wir es im Gespräch über die Fliegerei und die Zeitzonen. Die Zeitströme werden während des Fliegens gewechselt. Nach elf Stunden Flug empfindet man, einen Zeitstrom verlassen zu haben, in einem anderen zu sein. Man kann den verlassenen Zeitstrom von außerhalb betrachten. Man steht außerhalb der zeitlichen Entität. Spannend. Merk-würdig.
Meine plastische Vorstellung des Zeitstromwechsels ist ziemlich sci-fi. Nen bisschen Musik von X-Files / Akte X gemixt mit Steven Spielbergs unheimlicher Begegnung der dritten Art.
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Poldolskis Wortspiel Heatrick
Gestern, Achtelfinale. Wie es in der SZ so schön heißt: die Rache für Wembley. Aber das schönste ist nach dem Spiel (oder wie das richtig schreibt):
Lukas Podolski nutzt die sich ihm bietenden Gelegenheiten. Die Vorlagen bringt Claus Lufen rein, eine davon steil.
Treffer 1:
„[…] führen wir 2:0, müssen wir eigentlich souverän in die Halbzeit verwalten“
Schon im Original, „im Live“ (als Schwabe darf ich doch so was) blieb mir Sprache und Spucke weg. Sagt alles und zeigt, wie stark sich das semantische Verstehen gegen die syntaktische Inkorrektheit durchsetzt. Guter attraktiver Zweikampf. Das Verständnis setzt sich durch und siegt. Toll!
Treffer 2:
„[…] aber der Ball war drinne und damit war es gut“
Lukas Podolski, Sie sollten – selbstverständlich nach der Karriere als Fußballer – Dale Carnegy nachfolgen. Der ist seit Mitte der 1950er auf Wolke 7, da sich seine Bücher, die lediglich durch Ihre, Podolskis Antworten getoppt werden, immer noch sehr gut verkaufen. Und sollte das für’s Auskommen nicht reichen: malen Sie mit dem linken Fuß, Christy Brown hat das vorgemacht. Ihr Gefühl in Ihrem Fuß, ach, das ist’s. Das muss es werden. Das muss es bleiben.
Treffer 3 (hier die Steilvorlage beachten):
„Wie groß ist die Brust […]? Die Brust ist da“
Ich würde mich wundern, wenn „die Brust“ nicht eines der Topwörter der WM wird. Vielfältig einsetzbar. Normalerweise breit. Hier: Erst groß, dann einfach da. Schon wieder dieser Carnegy’sche Ansatz bei Podolski. Einfach. Klar. Fantastisch. Und drinne iss er. Ab zur Party oder wie das Jogi ausdrückt: „da dürffet se heut au scho mal a Schnitzel oder ein Pommes“
Und ab heute: WEITERMACHEN!
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Antiignorant
In der Zeit vom 4. Dezember 2009 ist der Artikel über den erschienenen Briefwechsel zwischen Thomas Bernhard und Siegfried Unseld überschrieben mit „Der Ignorant und der Wahnsinnige“. Aus diesem Briefwechsel wie auch aus seinem Werk geht zweifelsohne hervor, dass Thomas Bernhard in großem Umfang mit unvorstellbar positiven als auch negativen Aspekten als wahnsinnig zu bezeichnen ist.
Thomas Bernhards ist ein Sprachkunstgenie, welches sich „gleichsam naturgemäß“ selbst zerstört, und: er versucht alle, alles mit zuziehen.
Thomas Bernhard ist (denn durch sein Werk ist er und war nicht bloß) ein Antiignorant. Denn im Ausschnitt des Briefwechsels erscheint ein Thomas Bernhard, der wie ein schwarzes Loch alles, was an ihn herantritt, unmittelbar und heftig anzieht, verschlingt. Für Außenstehende ist das durchaus als produktiv erkennbar, aber zugleich zerstört diese Produktivität sich selbst, gleich einer Nova.
Ich habe großen erschrockenen Respekt!
[aartikel]3518419706[/aartikel]